Hassan Jama Ige und sein Weg in eine gute Zukunft

Eine Förderung mit Vorbildcharakter: Ernesto Plantera (protexsicherheit, links)) fördert und unterstützt Hassan Jama Ige und gibt ihm die Chance, seine Zukunft positiv zu gestalten.
Foto: Michael Bald


Es wird in diesen Tagen viel diskutiert über junge Ausländer und Asylbewerber. Eine Diskussion, die vieles befeuert, mindestens genausoviel aber außer Acht lässt. Denn natürlich gibt es auch sehr viele positive Beispiele, wie sich junge, fremde Menschen in Deutschland einleben und integrieren. In Kassel findet man sie zuhauf in der Läufergruppe des PSV Grün-Weiß Kassel. Einer von ihnen ist Hassan Jama Ige.

Im Jahr 2013 flüchtete der heute 27-Jährige vor dem Bürgerkrieg in seinem Heimatland Somalia und kam über andere EU-Staaten nach Deutschland. In Nieste fand Hassan schnell Anschluss. Er spielte dort Fußball, lernte mit viel Fleiß und Disziplin Deutsch. Drei Jahre musste aber auch er warten, bis er als Asylbewerber anerkannt wurde. „Das war eine lange Zeit“, sagt Hassan. Doch er glaubte immer fest an ein besseres Leben als in Somalia. Er zog nach Ahnatal, konnte aber deswegen nicht weiter in Nieste Fußball spielen. Er schloss sich der SG Ahnatal an, durfte aber aufgrund der dreimonatigen Sperrfrist nicht gleich spielen. Also hielt er sich mit Laufen fit und sein Nachbar Dieter Reich, Marathon-Dauerläufer, entdeckte sein Talent und empfahl ihm PSV-Trainer Winfried Aufenanger. Gleich beim ersten Wettkampf lief Hassan eine sehr gute Zeit - seitdem ist er fest im erfolgreichen grün-weißen Team. Inzwischen zählt er dort zu den schnellen Läufern, ist über 10 km mit Johannes Wennmacher und Leonardo Ortolano 2017 in der viertschnellsten Mannschaft in Hessen. Beim EAM Kassel Marathon gewann er im Vorjahr mit seinem Team den Staffelwettbewerb. Irgendwann ist der Marathon geplant. 

Weil Hassan weiß, wie wichtig der Sport ist, hat er Ende letzten Jahres eine ganz besondere Aktion zur Entwicklungshilfe gemacht. Als er seine Eltern besuchte, die inzwischen in einem großen Auffanglager für somalische Flüchtlinge nahe der Landesgrenze in Äthiopien leben, hatte er Trikots, Medaillen und Läuferbeutel des Kasseler Marathons dabei. Mit seiner GPS-Uhr maß er einen 3.000 m-Kurs aus und organisierte einen Lauf für die Kinder und Jugendlichen. „Es war ein richtiger Wettbewerb, sogar mit Verpflegungsstellen, und sie haben sich alle riesig gefreut über den Lauf und die Spenden aus Kassel“, erzählt Hassan. Viele der Teilnehmer haben ihm versprochen, weiter zu laufen. „Jeder sollte sich ein Ziel setzen, das er erreichen will. Es ist Eure Zukunft und Ihr müsst die Chancen nutzen, wenn sie sich Euch bieten“, hat er ihnen gesagt. Immer weitermachen, nie die Hoffnung aufgeben. Weil er einer ist, der selbst erfahren hat, was Armut bedeutet, glauben die Jugendlichen ihm das. „Sport schützt“, sagt Hassan Jama Ige. Zurück in Kassel hat er sich vorgenommen, einige von ihnen sogar in Zukunft selbst zu fördern oder Partner für eine Unterstützung zu finden. 

Hassan Jama Ige (in grüner Trainingsjacke) organisierte im Auffanglager in Äthiopien einen Lauf für die Jugendlichen. Diese freuten sich sehr über Shirts, Medaillen und Laufbeutel vom Kasseler Marathon.
Foto rechts: Hassan (links) mit seinen PSV-Teamkameraden Eva Dieterich und Hagos Bisrat Anbessajer nach ihrem Staffelsieg beim EAM Kassel Marathon 2017. (Foto: Michael Bald)


Ernesto Plantera fördert den jungen Läufer

Wer Hassan Jama Ige in seinem längst sehr guten Deutsch zuhört, ist überzeugt davon, dass er seinen Weg machen wird. Er selbst kann sich seit letztem Sommer dabei über eine entsprechende Unterstützung und einen besonderen Förderer freuen. Ernesto Plantera, Chef des Kasseler Unternehmens protexsicherheit, hat Hassan eingestellt. Und mit der Arbeit in der Unterkunft für Alleinreisende Junge Männer in der Rotten Breite in Nieste hat er ihm gleich eine verantwortungsvolle Aufgabe übertragen. Hassan und seine Kollegen kümmern sich dort nicht nur um die Sicherheit, sondern sind für die jungen Männer Ansprechpartner in vielerlei Hinsicht, als Helfer bei den Behördendingen, als Übersetzer, aber auch durch Begleitung und Organisation der sportlichen Aktivitäten wie Laufen, Tischtennis oder Boxen. 

Sein Chef kennt diesen Weg. Ernesto Plantera zählte zu den Top Ten der deutschen Boxer im Halbschwergewicht und Schwergewicht, war mehrfach Westdeutscher Meister. Als er sich neben dem Sport auch beruflich orientieren wollte, half ihm sein damaliger Chef und heutiger Partner Engin Akbag. „Er hat mir damals diese Chance gegeben, deshalb weiß ich, wie wichtig es ist“, sagt der 44-Jährige. Das Engagement seines Unternehmens, das seit vielen Jahren als Partner den EAM Kassel Marathon in allen Bereichen zur Sicherheit unterstützt, sieht Ernesto Plantera als Musterbeispiel: „Man muss Perspektiven schaffen, Ziele im Leben formulieren.“ Das gelte für die Bewohner im Projekt Rotten Breite genauso wie für Hassan Jama Ige oder andere Asylsuchende- und bewerber. „Nur so kann Integration funktionieren“, so Plantera. Und auch deshalb ist es mehr als ein Symbol, dass Ernesto Plantera seinen Schützling auch beim im Kürze anstehenden Trainingslager der PSV-Athleten in Portugal unterstützt: „Das war damals bei mir auch so, und so kann ich auch ein bisschen was von dem zurückgeben, wo auch ich von profitiert habe.“
Ernesto Plantera möchte die Talent-Förderung noch weiter ausbauen: „Wir suchen auch noch einen jungen Kasseläner und ambitionierten Läufer, den wir unterstützen wollen. Dann können die Lokalmatadore den schnellen Afrikanern zeigen, was die Kasseler so drauf haben. Bewerbungen bitte an ep@protex.de.“

Dass Hassan Jama Ige alles zu schätzen weiß, ist selbstverständlich. „Es ist eine große Motivation für mich, mich in jeder Hinsicht noch weiter zu entwickeln“, sagt er, „ich weiß, die Zeit wartet nicht auf jeden und deshalb bin ich dafür sehr dankbar.“

Für Ernesto Plantera spielt der Sport übrigens auch heute noch eine große Rolle. 2016 wollte er in Kassel seinen ersten Marathon laufen, musste dann aber wegen eines Fersensporns passen. Nach mehreren Halbmarathons soll das Debüt auf der Königsdistanz in Kassel aber in diesem Jahr steigen. In bester sportlicher Gesellschaft ist er jedenfalls. Lebensgefährin Maria läuft, Cousine Elena kennen die Kasseler Fans als stets frohgelaunte und lustige Teilnehmerin, auch die Kinder laufen. Und seine Schwester Salva hat gar eine ganz bemerkenswerte Geschichte. Nach jahrelangen gesundheitlichen Probleme hatte sie nie damit gerechnet, dass ihr Bewegung einmal so sehr helfen würde. Inzwischen ist sie Iron Man-Finisherin, begeisterte Triathletin und bereitet mit Salva Sports die Teilnehmer der vhs-Laufkurse auf die Wettbewerbe beim EAM Kassel Marathon vor. „Sie ist für mich ein echtes Vorbild“, sagt ihr Bruder.

„Es ist toll“, betont denn auch Kassels Marathon-Chef Winfried Aufenanger, „dass wir mit Ernesto Plantera einen solch engagierten Partner haben, der ein großes Herz für den Sport hat, Integration vorlebt und Menschen wie Hassan ermutigt, positiv in die Zukunft zu blicken.“

(Text: Michael Küppers)

Nicht nur als offizieller Partner des EAM Kassel Marathon dabei, sondern auch selbst mit der ganzen Familie: Ernesto Plantera beim Halbmarathon 2017 in Kassel mit Lebensgefährtin Maria (Mitte) und Cousine Elena.
Foto: Michael Bald